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FRANKFURT, 06.02.2021

Hilfe im Pandemie-Winter

Wohnungslose trifft der Corona-Winter besonders hart. Dienste wie die Elisabeth-Straßenambulanz versuchen zu helfen.

„Die erste Sorge der Wohnungslosen, die zu uns kommen, ist nicht: Habe ich Corona, sondern: Wo kann ich unterkommen? Wo bekomme ich Essen, woher einen Schlafsack?“, sagt Dr. Maria Goetzens, Leiterin der Elisabeth-Straßenambulanz in Frankfurt am Main. Die medizinisch-pflegerische Ambulanz versorgt Menschen in Wohnungsnot. Seit einigen Monaten muss das Ambulanzteam jedoch das Angebot auf das absolut Notwendigste reduzieren.

Fünf Tage die Woche ist die Einrichtung in der Klingerstraße 8 in der Frankfurter Innenstadt aktuell von 9 bis 11.30 Uhr geöffnet, danach nur mit Terminvergabe. In dieser kurzen Zeit müssen die Patientinnen und Patienten unter Einhaltung der Corona-Maßnahmen behandelt werden. Das heißt: Sie dürfen nur noch einzeln eintreten, vor der Behandlung wird die Temperatur gemessen, es herrscht Mundschutzpflicht und wenn Beschwerden vorliegen, die auf eine Infektion mit dem Coronavirus hindeuten, wird isoliert, getestet und das Gesundheitsamt informiert. „Unsere Arbeit ist anders, weil wir nur den Mangel verwalten können. Vorher haben wir viel mehr präventiv und aufsuchend tun können und hatten auch mehr Helferinnen und Helfer. Unser ehrenamtliches Engagement ist zum Start des Lockdowns zu einem großen Teil weggebrochen“, berichtet Ambulanz-Leiterin Goetzens. Einige Helferinnen und Helfer seien jetzt zwar wieder da, dennoch könnten die Öffnungszeiten aktuell nur dem Personal und nicht dem Bedarf angepasst werden. 

„Wir freuen uns über jeden Wohnungslosen, der kommt. Aber wir machen uns auch große Sorgen um alle, die nicht mehr kommen, zum Beispiel weil sie länger warten müssen als früher und auch nicht mehr einfach reinkommen und Kaffee trinken können“, sagt Goetzens. Dennoch ist der Andrang hoch. Durchschnittlich behandelt das Ambulanzteam 30 Patientinnen und Patienten an einem Vormittag. Viele kommen mit Wunden an den Füßen, manchmal auch Erfrierungen. Andere haben Hygieneprobleme wie zum Beispiel Parasitenbefall. Die Nacht-Unterkünfte der Hilfsorganisationen sind zwar offen, aber die Plätze dort sind begrenzt. Das Ambulanzteam kennt viele wohnungslose Menschen, die draußen auf Parkbänken oder am Main schlafen. Auch die Maskenpflicht im öffentlichen Raum führt zu Schwierigkeiten. „Die Wohnungslosen haben wunde und aufgeschürfte Ohren“, sagt Goetzens. Im Gegensatz zu anderen mit festem Wohnsitz hätten sie oftmals keinen anderen Rückzugsort als die Öffentlichkeit, sie müssten also die ganze Zeit die Maske tragen. An diese zu kommen, sei in Frankfurt für die Obdachlosen jedoch noch kein Problem, meint Goetzens: „Wir machen immer wieder die wunderbare Erfahrung, dass uns Masken gespendet werden. Und ich weiß von unseren Diensten in der Caritas, der Diakonie und dem Franziskustreff und sicherlich auch dem Frankfurter Verein, dass Masken ausgegeben wurden.“

Info: Die Elisabeth-Straßenambulanz

Die Elisabeth-Straßenambulanz ist eine Einrichtung der Caritas Frankfurt und steht allen kranken Frauen und Männern in Wohnungsnot offen. Das Ambulanz-Team bietet fachliche Hilfe vor Ort im aufsuchenden Dienst mit dem Pflegebus und gleichzeitig in den Ambulanzräumen in der Frankfurter Innenstadt, Klingerstraße 8, an. Das fachliche Hilfsangebot erhält und fördert die Gesundheit wohnungsloser Menschen und berücksichtigt dabei ihre besonderen Lebensumstände.

Anlaufstellen limitiert

Mit diesen Einrichtungen hat Frankfurt mehrere Anlaufstellen für Wohnungslose. Allerdings sind am Anfang der zweiten Infektionswelle und auch zwischenzeitlich Dienste weggebrochen. „Teilweise sind die Anlaufstellen nicht so aufgestellt, dass sie fünf Tage die Woche öffnen können“, erzählt die Leiterin der Elisabeth-Straßenambulanz, „das merken wir dann schon. Doch zum Glück konnten die Tagesaufenthalte trägerübergreifend durchgängig öffnen, weil sie mit dem Gesundheitsamt Schutzkonzepte erarbeitet haben, sodass weiterhin Essen ausgegeben werden kann und sich die Wohnungslosen dort zumindest kurzzeitig aufhalten können“, so Goetzens weiter. Ähnlich verhalte es sich auch mit dem Winternotprogramm zur Übernachtung. Und dennoch: Die Angebote sind alle limitiert und zeitlich begrenzt. Hauptaufenthaltsort der Wohnungslosen ist der öffentliche Raum. Besonders jetzt, in der kalten Jahreszeit, kann das schnell zum Verhängnis für die Betroffenen werden. „Das ist jetzt eine sehr kritische Zeit und wir hoffen, dass alle sie gut überstehen“, sagt Goetzens.

Zielgerichtet helfen

Für die Betroffenen seien aber nicht nur Kälte und dauerhaftes Maskentragen belastend, sondern auch die weiteren Regelungen für den öffentlichen Raum, wie das Alkohol- und Versammlungsverbot. „Dazu kommt, dass die Innenstädte natürlich leerer sind, es sind nur noch wenige Passanten unterwegs. Damit fällt auch ein Großteil der Einnahmen weg“, erzählt Goetzens. Diese Verschärfung der Lebenslage führe auch zu einer Verschlechterung der Gesundheitslage. „Viele Betroffene fallen in alte Muster zurück, werden wieder süchtig oder steigen auf härtere Drogen um und bekommen das mit der Hygiene nicht mehr hin“, so Goetzens.

Deshalb ist es wichtig, hinzuschauen. Denn das Personal der Elisabeth-Straßenambulanz versucht, gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Straßensozialarbeit auch weiterhin Zurufen nachzugehen. „Wenn Sie Menschen sehen, die offensichtlich in Not sind, Wunden haben oder denen es nicht gut geht, informieren Sie die Organisationen vor Ort, damit jemand nach der Person schaut“ appelliert Goetzens. Auch wer privat helfen möchte, solle sich am besten direkt an die Organisationen vor Ort wenden. Die könnten dann sagen, wo Unterstützung benötigt werde.

Caroline Beese

Redakteurin der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

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