LIMBURG, 14.06.2021
Zorn über schleppende Aufarbeitung
Die Limburger Diözesanversammlung will sich stärker in der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs engagieren. „Die Diözesanversammlung des Bistum Limburg ist betroffen von dem sexuellen und spirituellen Missbrauch und zornig über die schleppende Aufarbeitung in unserer Kirche“, heißt es in einem am Samstag, 12. Juni, angenommenen Antrag. Deshalb soll ein Arbeitskreis gegründet werden, der sich kontinuierlich und nachhaltig dem Thema widmen ,,die Umsetzung der Maßnahmen zum Schutz von Missbrauch kritisch begleiten, eigene Impulse für Aufarbeitung und Prävention entwickeln und Gemeinden und Gremien unterstützen soll. Der Arbeitskreis solle sich dabei nicht als Wächter, sondern als Ergänzung zu bereits bestehenden Institutionen verstehen.
Umsetzung der 64 Maßnahmen im Bistum Limburg hat bereits begonnen
Zuvor hatte der Bischöfliche Beauftragte für die Umsetzung des MHG-Folgeprojektes „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“ die mehr als 60 gewählten Vertreterinnen und Vertreter der Katholikinnen und Katholiken im Bistum Limburg über den Stand der Umsetzung der Maßnahmen informiert. „Es geht uns nicht um die Rettung der Kirche, sondern um die Rettung der Kinder“, betonte Dr. Caspar Söling. Bereits 23 von insgesamt 64 Maßnahmen befänden sich in der Arbeit. Weitere Maßnahmen würden noch im zweiten Quartal begonnen. Söling wies darauf hin, dass die Arbeitsaufträge aus dem Projekt „Betroffene hören-Missbrauch verhindern“ noch erweitert worden seien: „Es geht nicht nur um sexuellen Missbrauch durch Priester, sondern es geht um sexuellen Missbrauch von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bistums – haupt- und ehrenamtlich.“ Für die Umsetzung jeder Maßnahme seien Verantwortliche benannt und eine verbindliche Roadmap mit Zwischenschritten vereinbart worden. Angezielt sei ein möglichst transparentes und verbindliches Verfahren.
Unabhängige Kommission ist bald zusammengestellt
Söling äußerte sich auch zur Besetzung der Unabhängigen Kommission, die zurzeit gebildet werde. Fünf von sieben Personen, darunter benannte Vertreter der Landesregierungen, stünden bereits fest. Das wichtige Gremium werde seine Arbeit aufnehmen können, sobald zwei Vertretende aus dem Betroffenenbeirat entsandt würden. Söling brachte sein Bedauern zum Ausdruck, dass die Arbeiten nicht schneller voranschritten. Mit Blick auf Erfahrungen der evangelischen Kirche mit einem Betroffenenbeirat sei aber ein sorgfältiges Vorgehen wichtig.
Solidarität mit Reforminitiative Maria 2.0
Neben dem Antrag zu einer nachhaltigen Aufarbeitung von Missbrauch der Kirche verabschiedete die Diözesanversammlung auch einen Antrag zur Unterstützung der Initiative Maria 2.0. „Die Diözesanversammlung des Bistums Limburg nimmt die Anliegen der Akteurinnen und Akteure von Maria 2.0 aufmerksam wahr und unterstützt sie in ihren Forderungen.“ Mit großem Bedauern werde wahrgenommen, dass derzeit immer mehr engagierte Katholikinnen und Katholiken das Vertrauen in die Reformprozesse der katholischen Kirche verloren hätten. Die Diözesanversammlung ermutige deshalb die Initiative, „sich weiterhin für eine gerechte und lebendige Kirche stark zu machen“.
Kritisch diskutierten die gewählten Vertreterinnen und Vertreter auch über den Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland sowie über das Thema der Segensfeiern für Paare, die nicht kirchlich heiraten können. Mit Blick auf die Arbeit in den vier Synodalforen beklagte die Versammlung mangelnde Transparenz. So sei es bisher völlig unklar, wie und woran die Foren derzeit arbeiteten, welche Texte der Vollversammlung des Synodalen Wegs vorgelegt würden und in welchem Verhältnis der Synodale Weg in Deutschland mit dem jüngst von Papst Franziskus ausgerufenen synodalen Weg der Weltkirche stehe. „Der Synodale Weg hat enorme Sprengkraft. Es besteht aber durchaus auch die Gefahr, dass es ein Rohrkrepierer wird und dass der Synodale Weg nicht so endet, wie es sich viele von uns wünschen“, hieß es aus der Diözesanversammlung. Für den Erfolg des Synodalen Wegs sei es wichtig, dass die Beschlüsse möglichst breit in der katholischen Kirche getragen würde. Gerade weil die Papiere „Gegenwind aus Rom“ erzeugen würden, brauche es einen festen Stand.
„Ich wünsche mir nicht nur eine theologische Beratung, sondern auch eine Berücksichtigung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse und dass die Kirche auf der Höhe der Zeit ist“, betonte Marianne Brandt aus Frankfurt zum Thema der Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paaren. Im März hatte das Präsidium der Limburger Diözesanversammlung auf eine Stellungnahme der vatikanischen Glaubenskongregation geantwortet und die Ablehnung verurteilt. Auch weitere Vertreter äußerten sich positiv zur Stellungnahme.
Die Limburger Diözesanversammlung
Die Diözesanversammlung des Bistums Limburg ist die gewählte Vertretung der Katholikinnen und Katholiken des Bistums Limburg. Die Mitglieder beschäftigen sich in jährlich zwei Sitzungen mit Entwicklungen im kirchlichen, gesellschaftlichen und staatlichen Leben, geben Anregungen für das Leben der Katholikinnen und Katholiken in Kirche und Gesellschaft, geben Anregungen an den Bischof und sein Beratungsgremium, den Diözesansynodalrat, und wählen Mitglieder, die die Anliegen der Diözesanversammlung überdiözesan vertreten.