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LIMBURG, 31.03.2022

Was Europa zusammenhält

Ein neues Buch reflektiert das Verhältnis von Solidarität und Verantwortung.

Europa steht für Freiheit, Wohlstand und Solidarität. In den vergangenen Jahren haben die Verwerfungen auf den globalen Finanzmärkten 2008/2009, die Migrationsbewegungen ab 2014, die 2020 beginnende Corona-Pandemie und jüngst der Ukraine-Krieg den Kontinent in eine Krise geführt. Für den Erfurter Philosophen Holger Zaborowski und den Limburger Martin Ramb, Leiter der Abteilung Religionspädagogik, Medien und Kultur im Bischöflichen Ordinariat, ein Grund, sich intensiver den Werten zu widmen, auf denen die europäische Idee basiert. Im nun erschienenen ersten Band „,Solidarität und Verantwortung‘  oder Was Europa zusammenhält“ denken prominente Autoren, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz, die frühere SPD-Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles sowie die ehemaligen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet und Theo Waigel darüber nach, was Europa einen kann. Andere Autoren aus Wissenschaft und Kultur behandeln das Verhältnis von Solidarität und Freiheit, Solidarität in der Politik, unter Europäern, in der Medizin, in Literatur, Kunst und anderen Kontexten. 

Allgegenwärtig aber gefährdet

Für die beiden Herausgeber ist Solidarität nicht nur wegen einer oft beschriebenen Entsolidarisierung innerhalb einer Gesellschaft eine gefährdete Konstante. Das machen sie gleich zu Beginn am Schicksal ertrinkender Geflüchteter im Mittelmeer deutlich: „In der Rettungsweste wird das Versagen Europas zum Bild“, schreiben sie in ihrem Vorwort. Angesichts der Allgegenwärtigkeit der Solidarität im öffentlichen Diskurs warnt der Erfurter Philosoph Zaborowski aber auch von Gefahren aus einer anderen Richtung: Die Forderung nach Solidarität könne nicht nur zu einer inhaltsleeren Worthülse verkommen, sondern auch als „Dogma einer ansonsten anti-dogmatischen Zeit“ missbraucht werden. Jeder Ruf nach Solidarität stehe in einem Kontext und „manchmal auch gar nicht bewusster Interessen“. Alle , „die Linken und Rechten, die regional verwurzelten ,Somewheres‘ und die weltbürgerlichen ‚Anywheres‘, die Traditionsbewussten und die Modernisierungsfixierten, die marktfreundlichen Freiheitsapologeten wie auch die pflichtbewussten Verantwortungsethiker“, nickten, meinten aber etwas völlig Gegensätzliches darunter. Dem Anspruch der Solidarität gerecht zu werden, stelle für Europa nicht nur eine Herausforderung dar, sondern sei auch zentral für die Zukunft des Kontinents. 

„Für mich persönlich gehören Solidarität, die universelle Geltung der Menschenrechte und Frieden zum Grundverständnis meines politischen Handelns“, schreibt Olaf Scholz. Die Herausforderungen der Zukunft könne Europa nur gemeinsam bewältigen. Dazu sei ein „Europa des Respekts“ die moderne Umsetzung der großen europäischen Ideale. Der heutige Bundeskanzler zitiert dabei Papst Franziskus: „Europa finde zu dir selbst! Entdecke deine Ideale wieder, die tiefe Wurzeln haben. Sei du selbst!“ 

Zur Buchreihe "Koordinaten Europas" 

Die neue Buchreihe "Koordinaten Europas" will sich in den nächsten Jahren mit weiteren Werten beschäftigen: Freiheit und Menschenwürde, Ökologie und Ökonomie, Religion und Politik, Bildung und Kultur oder das Verhältnis von Regionalem zu Globalem. Nach Angaben der Autoren wollen die Herausgeber damit in der Krise Europas Orientierung bieten.

Solidarität und Verantwortung oder Was Europa zusammenhält, Martin W. Ramb und Holger Zaborowski (Hrsg.), Wallstein Verlag 2022, ISBN 978-3-8353-3768-8, 22 Euro.

Mit Beiträgen von Olaf Scholz, Heinz Bude, Dr. Theo Waigel, Nils Markwardt, Prof. Dr. Wolfgang Speyer, Prof. Dr. Sven Jochem, Christian Schüle, Prof. Dr. Giovanni Maio, Michael Landau, Andrea Nahles, Prof. Dr. Barbara Zehnpfennig, Prof. Dr. Stefan Sell, Prof. Dr. Bernd Henningsen, Prof. Dr. Wilfried Loth, Martin W. Ramb, Dr. Judith Meurer-Bongardt, Prof. Dr. Ahmad Milad Karimi, PD Dr. Michael Hirsch, Prof. Dr. Dr. Holger Zaborowski u. a.

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