Montabaur, 01.05.2022
Ein Wendepunkt mitten im Wald
An der Alarmstange auf der Montabaurer Höhe gibt es einen neuen Andachtsort. Bischof Dr. Georg Bätzing hat ihn am Samstag, 30. April, feierlich eingesegnet. Der Andachtsort, der von einem großen Netzwerk aus dem Projekt WERT.VOLL.LEBEN. initiiert wurde, soll zu einem gemeinsamen Ort für alle Westerwälder und zu einem Hoffnungsort, an dem Neues wächst, werden.
An dem Ort, von dem aus man unter anderem in den Hunsrück, auf den Köppelturm und das Schloss Montabaur blicken kann, stand vor vier Jahren noch ein dichter und intakter Fichtenwald. „Der Ort hier ist für uns ganz wichtig geworden. Es ist ein Ort, der die Verletztheit der Natur und des Waldes zeigt. In den Jahren 2018 bis 2020 haben wir hier eine durch klimawandelbedingte Situation erlebt, die der Westerwald so bislang nicht gekannt hatte“, berichtete Friedbert Ritter vom Gemeinschaftsforstamt Neuhäusel. Der Ort habe einen hohen Symbolcharakter und habe Menschen zusammengeführt. Viele hätten sich tatkräftig zusammengetan und seien gemeinsam für die Schöpfung eingetreten. „Kinder, Jugendliche, Familien und ganz viele Engagierte haben hier Verantwortung für die Schöpfung übernommen und gemeinsam Bäume der Zukunft gepflanzt“, erklärt Pastoralreferent Markus Neust. Die katholische Pfarrei St. Peter Montabaur/Stelzenbachgemeinde, die Evangelische Kirche Montabaur und die Landesforsten Rheinland-Pfalz hätten sich zum Projekt WERT.VOLL.LEBEN. zusammengeschlossen und gemeinsam Zukunftsarbeit geleistet. Zukunft, die schon anfanghaft zu sehen ist, denn auf der gerodeten und kahlen Fläche blüht schon wieder ein wenig Grün der neuen Pflanzen und Bäume, die im März gepflanzt wurden.
Klimawandel geht alle an
Bischof Georg Bätzing war beeindruckt vom Engagement und vom neuen Andachtsort. Er dankte allen, die sich so konkret und gewaltig einbringen. „Es ist wunderbar zu sehen, wie sich angesichts neuer Herausforderungen Netzwerke bilden und wie sich Christinnen und Christen hier einbringen und sich stark machen“, sagte Bätzing. Für ihn sind die Bewahrung der Schöpfung sowie die soziale und ökologische Transformation zentrale Zukunftsthemen und Herausforderungen, die nur gemeinsam in starken Netzwerken und in gemeinsamer Verantwortung gemeistert werden können. „Wir haben nur dieses eine gemeinsame Haus. Unsere Erde. Wir haben sie. Wir bewahren sie oder wir verlieren sie“, so der Bischof. Für ihn habe der Blick auf die kahle, gerodete Fläche auf der Montabaurer Höhe und überall im Land schon fast apokalyptische, endzeitliche Züge. Es bestehe daher enormer Handlungsbedarf und es sei nicht klar, ob es fünf vor oder fünf nach zwölf ist, um aktiv zu werden. „Wir stehen hier und schauen uns um. Wir wissen, dass dieser Anblick mit uns zu tun hat. Wir spüren, dass hier hat mit unserem Verhalten und mit unserer Überforderung, die Schöpfung zu bewahren, zu tun. Es liegt an uns, dass hier Neues wachsen kann“, so Bätzing. Es brauche erhebliche Anstrengungen, um diese Situation zu ändern und es werde dazu führen, dass man sich in seinen Lebensverhältnissen und in seinem Wohlstand einschränken müsse. „Es muss zu einem Kipppunkt, zu einem Wendepunkt kommen, der noch einmal in die richtige Richtung zeigt und uns dazu führt, zu retten, was unsere Zukunft und unser Lebensraum ist“, sagte der Bischof. Gewalt schlage immer zurück. Dies sehe man an der Natur und das sehe man am unsäglichen Krieg in der Ukraine. „Nichts, was irgendeinem Menschen auf dieser Erde betrifft. Nichts, was in irgendeinen Teil der Erde an Gewalt und Leid passiert, darf uns egal sein. Alles hängt mit allem zusammen in der einen Schöpfung“, so Bätzing.
Das Kreuz zeigt in Richtung Leben
Am neuen Andachtsort hat das Netzwerk Sitzmöglichkeiten, einen kleinen Altar aus Stein und Baumstämmen, ein Gipfelkreuz aus Holz und ein Kreuz in einem Baumstamm geschaffen. „Das Kreuz steht nicht zufällig hier. Das Kreuz ist ein Wendepunkt. Es symbolisiert Gewalt, Hass und Vernichtungswillen. Es zeigt, was am Bösen im Menschen ist und scheinbar nicht ausgerottet werden kann. Das Kreuz zeigt uns aber auch, dass Neues werden kann. Es kann uns nichts genommen werden, was wir nicht vorher schon gegeben haben“, erklärte Bätzing. Das Kreuz stehe für Leben, für Licht, für Zukunft und sei der Wendepunkt in der Menschheitsgeschichte. Es zeige in die Richtung, die Gott für den Menschen vorbereitet habe. Diese Richtung sei die Richtung zum Leben, zu Frieden, zu Gerechtigkeit und zur Zuversicht. „Das Kreuz hier auf der Montabaurer Höhe will uns die Richtung zeigen, die Gott für uns bestimmt hat. Es will ein Stück Verpflichtung werden, das uns erinnert, die Schöpfung zu bewahren und den Nächsten im Blick zu behalten“, so der Bischof.
Bischof visitiert den Westerwald
Die Segnung des neuen Andachtsortes fand während der Visitation des Bischofs im katholischen Bezirk Westerwald statt. Bischof Georg Bätzing wird in den kommenden Monaten alle Pfarreien in der Region besuchen, mit allen Seelsorgerinnen und Seelsorgern sprechen und sich mit Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern der synodalen Gremien treffen. Ziel der Visitation ist es, dass der Bischof einen Einblick in das kirchliche und gesellschaftliche Leben der Menschen im Westerwald bekommt. Ziel des Bischofs ist es, den Menschen in der Region Mut zuzusprechen und ihnen für ihr vielfältiges Engagement zu danken. Er wird mit den Gläubigen Gottesdienste feiern und vielerorts das Sakrament der Firmung spenden.
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