FRANKFURT, 14.07.2023
„Oh du Fröhliche“ bei über 30 Grad
In der Bahn ist es drückend heiß und stickig. Wer einen Zettel, einen Brief, ein Buch in der Tasche findet, fächelt sich damit Luft zu. Es ist ein heißer Sommertag – doch Moment, was ist das? Ins Geruckel und Gezische des Zugs mischt sich ein leises Summen. „Ist das … ist das ein Weihnachtslied?“, fragt eine Frau ihre Sitznachbarin, die nur mit den Achseln zuckt.
Ja, ist es. Und die, die es momentan regelmäßig summt, im Zug und zu Fuß auf dem Weg durch die hochsommerliche Stadt, ist Beate Hirt, Senderbeauftragte der katholischen Bistümer beim Hessischen Rundfunk. „Wir haben gerade mit den Vorbereitungen zum Radiogottesdienst am zweiten Weihnachtsfeiertag begonnen“, erklärt sie. „Deshalb habe ich diesen ziemlich hartnäckigen Ohrwurm.“
Live ist live
Am Dienstag, 26. Dezember, wird der Weihnachtsgottesdienst aus St. Antonius in Rödelheim live auf HR4 übertragen. Damit das gelingt, ist eine minutengenaue Vorbereitung nötig, die ein halbes Jahr Vorlaufzeit braucht. Denn live ist live – und wenn der Gottesdienst nicht nach genau 53 Minuten endet, muss er vorzeitig gekappt werden, weil dann die Nachrichten an der Reihe sind.
Momentan wird am Zeitplan gearbeitet und erste Ideen werden gebrainstormt, in den nächsten Monaten entwickelt das Team dann einen Laufplan, eine Art Drehbuch, in dem genau festgehalten ist, wer wann was tut und wie lange es dauert. Es muss im Vorfeld akribisch festgehalten werden, wie lange Pfarrer Joachim Braun für die Predigt braucht, wie lange Annemarie Jacob auf der Orgel spielen und der Chor unter Dirigent Wolfgang Jacob singen wird. Denn nur so kann gewährleistet sein, dass der Live-Gottesdienst, wenn es soweit ist, weder zu kurz, noch zu lang dauert.
Ein Blick in den Laufplan des Radiogottesdienstes, der an Weihnachten 2022 aus St. Bonifatius in Sachsenhausen gesendet wurde, offenbart, dass es um Sekunden geht. Damals dauerte der Einzug in die Kirche genau 1,10 Minuten, die Begrüßung 60 Sekunden, die Liturgische Eröffnung und inhaltliche Hinführung 45 Sekunden. Damit sich das Übertragungsteam ganz sicher sein kann, dass alles klappt, steht am Tag vor der Übertragung eine Durchlaufprobe an, bei der die Stoppuhr mitläuft, natürlich.
Alles soll reibungslos laufen
Drei bis vier Live-Gottesdienste betreut Beate Hirt pro Jahr, an Ostern, Pfingsten und eben Weihnachten. Acht gibt es übers Jahr insgesamt auf dem Hessischen Rundfunk, vier katholisch, vier evangelisch. Sie alle müssen minutiös vorbereitet werden, damit bei der Übertragung alles reibungslos läuft. Und das soll es unbedingt, denn rund 250.000 Hörerinnen und Hörer feiern am Radio zusätzlich zur Gemeinde vor Ort mit – für Beate Hirt sind die Übertragungen ein Dienst an den Leuten, die nicht live in den Gottesdienst gehen können, aber auch eine große Chance, Menschen zu erreichen, die sonst gar keine Verbindung zu Kirche und Religion haben.
Für die erfahrene Redakteurin, die den Job seit gut 20 Jahren macht, ist es schon lange nichts Ungewöhnliches mehr, sich im Hochsommer mit Weihnachten zu beschäftigen. „Das bringt mich auch nicht wirklich in vorzeitige Weihnachtsstimmung, ich mag einfach nur die Lieder, die setzen sich fest“, schmunzelt sie. Wenn es besonders heiß ist, hoffe sie manchmal, sich durch Gedanken an eine frostige Winternacht im Dezember abkühlen zu können, doch das funktioniere bei gefühlten 40 Grad in der Bahn nur bedingt. Vielleicht kann sie ja eine andere Art von Gänsehaut zur Abkühlung nutzen: „Ich gebe zu: Auch nach all den Jahren ist es immer noch ein bisschen aufregend, live auf Sendung zu gehen.“
Schon einmal zum Vormerken
HR4 übertragt den Weihnachtsgottesdienst am 26. Dezember, 10.05 Uhr, live aus der katholischen Kirche Sankt Antonius in Frankfurt-Rödelheim mit Pfarrer Joachim Braun. Beate Hirt ist an den Weihnachtfeiertagen in gleich zwei Radio-Gottesdienste eingebunden, bereits an Heiligabend, 24. Dezember, übertragt hr2-kultur die Christmette von 22.15 Uhr bis 23.15 Uhr live aus der Pfarrkirche Sankt Peter in Heppenheim.